Trinkschokoladenherzspieße
Liebe Näh-, Häkel- und DIY-Wütige,
nachdem meine Frau es gestern ja schon angedroht hatte, schreibe ich heute mal einen „Gastbeitrag“, um über die schokoladigen Vorkommnisse in unserem Hause zu berichten, die sich zugetragen haben, während sie auf einem Schachturnier den Würfelbeutel häkelte. Lest nun also meine Version dieses Tages…
Man hat’s schon nicht leicht. Kaum fährt die Dame des Hauses mit dem Großen mal auf ein Schachturnier und man hat (abgesehen von der Tochter) „sturmfreie Bude“, wird einem schnell noch harmlos aufgetragen, dass es da einen Blog-Eintrag von einer ANi (oder so) gibt, die so Spieße für Trinkschokolade gemacht hat und dass wir ja extra Kuvertüre gekauft haben, um Selbige mal auszuprobieren. Tochter war schon ganz heiß darauf und hat extra die extrem süßen Pralinenformen in Herzchenform rausgekramt. Und Mehl hatte ich auch gekauft, weil dieselbe Tochter ja auch noch Plätzchen backen wollte. Mhmmm, klang nach ’nem ruhigen Sonntag. „Macht ganz viele Fotos“. Oha! Das ist eine Herausforderung. Nachdem ich mich nach der Steuerrückzahlung mit einer übertrieben guten Kamera ausgestattet hatte, spornte das natürlich an. „Töchterlein, wir machen jetzt diese Schoko-Dinger und knipsen mehr Fotos als von unserer Hochzeit! Räum noch schnell Dein Zimmer auf, dann kann’s losgehen“. Das war Stand der Dinge um 10:00.
Ich trudelte also ein wenig kränklich in den Keller, um mir ein wenig die Zeit mit… ja womit eigentlich… im Nachhinein weiß ich es kaum noch… totzuschlagen, als um 13:00 die Tochter auf einmal fragte, wann es denn Essen gäbe. Essen? Wie was? Hast Du schon aufgeräumt? AufgeWAS? Oh achso… Öh… erstmal essen. Also gut, wir also wieder in die natürlich vorbildlich aufgeräumte Küche, Brotscheiben mit Salami und Käse belegt, ab in den Backofen un dann kann’s losgehen. Warmes Essen sollte es Abends geben, wenn die Schach-Truppe zurück kommt.
Kurze Rückblende: Was hatte ich 3 Stunden im Keller gemacht? Rezept der Schokostäbchen angeschaut, war es nicht. Gefrühstückt auch nicht. Was aber hat die Tochter 3 Stunden in ihrem Zimmer getrieben, wenn nicht aufgeräumt? Papier in winzige Schnipsel zerlegt. Was auch sonst? „Um daraus mal wieder selbst Papier herzustellen, was denn sonst?“ Ja nee, schon klar. Was denn sonst?
Mittlerweile ist es kurz vor 14:00, die Tochter hat es geschafft 2 Scheiben Brot zu verdrücken, ohne dass ich mich gelangweilt hätte. Hab ich halt die Küche weiter aufgeräumt, da gibt’s ja immer was zu tun. Es ist erstaunlich, wie unordentlich eine Küche innerhalb von 5 Minuten werden kann. Aber ich bin ja ein Gänseblümchen, mir kann das nichts. Also nach 4 Stunden fängt sie dann doch tatsächlich an, aufzuräumen und ist in glorreichen 10 Minuten fertig. Was haben wir die letzen 4 Stunden getan? Egal, es wird ernst. Denn obwohl ich von mir selbst behaupte, ich könne kochen, bin ich backtechnisch eine absolute Niete. Ich koche meist improvisiert ohne Rumwiegen, ohne Rezepte oder so, einfach frei Schnauze: etwas hiervon, etwas davon, eine Prise von dem Zeug – einfach mit einer Idee, wie es schmecken soll und meist trifft es das dann auch. Aber Backen ist Präzisionsarbeit. Nix mit frei Schnauze. Oh nein!
Mein erster Ausflug in dieses Gebiet war ein Pudding. Ich war damals 8 Jahre alt, kochte absolut präzise nach Rezept und hatte es trotzdem geschafft, dass das Ergebnis ein zum Himmel stinkender, schwarzer Klumpen und kein Pudding war. Und warum? Nun, man soll ja immer das Pulver zunächst mit ein paar Esslöffeln der Milch anrühren und dann nach und nach die Milch dazugeben. Den zweiten Teil hatte ich beim Öffnen der Packung abgerissen, so dass ich verbissen meine 3 Esslöffel Milch mit Puddingpulver mischte, aufkochte, wie besessen rührte und mich nicht eine Sekunde lang fragte, was ich mit dem Rest der Milch anfangen sollte. Doof nur, dass man irgendwann nicht mehr schnell genug rühren kann, damit die 3 Esslöffel Milch mit Puddingpulver nicht anbrennen. Es rauchte und stank dermaßen schlimm, dass meine Mutter, die sonst nichts aus der Contenance bringen konnte, mit dem Feuerlöscher in der Küchentür erschien, meinen traurigen, schwarzen Klumpen im Kochtopf betrachtete und fragte, ob ich nicht vielleicht doch Hilfe benötigte. Ich und Hilfe. Pah! Ich war der angehende Küchen-Gott, der neue Maître de Cuisine. Welch demütigender Augenblick für einen ambitionierten Achtjährigen. Das dazu.
Pudding esse ich seitdem nicht mehr so gerne und jedes Mal, wenn ich seitdem einen gemacht habe, schwebte dieses Ereignis wie ein Damoklesschwert über mir, welches nur darauf wartete, zuschlagen zu können.
Aber dieses Mal ist es ja anders, denn es ist ja keine Milch involviert. Oder?
„Töchterlein, haben wir ein Rezept zu den Stäbchen?“
„Nein, das gibt’s im Internet.“
„Aha, und wo da?“
„Kalendertürchen 3.“
„Ach was. Und in welchem Kalender?“
„Keine Ahnung, da musst Du Mama fragen.“
Hneeee, so nicht. Ich ruf doch nicht an und lass mir ’ne URL diktieren! Also was, außer geschmolzener Kuvertüre, sollte es schon brauchen? Ich beschloss, dass es sonst nichts brauchte (und landete damit einen meiner seltenen faulheitsbedingten Volltreffer). Also packten wir die Vollmilchkuvertüre aus und schmolzen sie in so einer uralten Metallschüssel, die meine Frau sozusagen als Aussteuer in die Ehe gebracht hatte. Induktion sei Dank brauchen wir ja kein Wasserbad für so etwas.
Nachdem das also problemlos ging (ohne Feuerlöscher, schwarze Klumpen oder Gestank), standen wir vor der Frage, wie man die braune Soße in die Form füllen konnte.
Versuch 1: Löffel. Kann man machen, muss man aber nicht. Saut rum.
Versuch 2: Trichter. Geht. Gut. Die Schokolade ist ja nur warm und nicht heiß, also mit dem Finger zuhalten, Pampe einfüllen und ab geht’s. Positiver Nebeneffekt: viel Schokolade an den Fingern, also immer eine Ausrede, Schokolade zu naschen.
Als also alle 15 Formen gefüllt waren (im Bild gut zu sehen: die Oberen 5 mit Löffel und und der Rest mit Trichter), warteten wir gespannt darauf, dass die Schoki fest wurde, damit wir diese Stäbchen reinstecken konnten. Uuuund warteten. Nach einer knappen halben Stunde dämmerte es uns, dass ein Kühlschrank hier wohl ein prima Katalysator wäre (mein Vater ist Chemiker, ich komme nicht umhin, manche Dinge einfach anders zu nennen als Andere). Also ging es ab in den Kühlschrank. Das heißt: wurde der Kühlschrank 10 Minuten lang umgeräumt, bis auf einmal ganz unten Platz war. Ich weiß nicht, wieso, aber wenn man ihn lange genug umräumt, ist auf einmal mehr Platz als vorher. Ist vermutlich wie mit IKEA-Schränken: Wenn man sie auseinandernimmt und wieder zusammensetzt, hat man auf einmal ein paar Schrauben und Bolzen übrig. So muss es mit dem Kühlschrank und Freiraum auch sein. Faszinierend!
Nach knapp 15 min. war die Füllung dann so dickflüssig, dass wir es wagten, unsere Bambusstäbchen hineinzustecken und *trommelwirbel* sie hielten. Nun hieß es Warten, aber darin hatten wir ja Übung.
Töchterlein wollte unbedingt noch Plätzchen backen, also Maschine raus, Ärmel hoch, rein die Zutaten, gerührt – erst langsam, dann volle Kraft voraus – und ein paar Sekunden später hatten wir einen perfekten Mürbeteig. Den kann ich immerhin. Der sollte sich zu unseren Stäbchen in den Kühlschrank gesellen. Also dasselbe Procedere wie vorher, diesmal allerdings mit gehobenem Schwierigkeitsgrad: bloß keine Stäbchen berühren. Keine 5 Minuten später war durch erneutes Aus-, Um- und Einräumen auf einmal genug Platz für knapp 1kg Mürbeteig. Eine Socke geht halt immer noch rein…
Kurzer Uhrenvergleich: 16:30. Die Schach-Fraktion wollte um 18:30 ein Abendessen auf dem Tisch haben. Kartoffeln, Fisch, Gemüse. Kein Problem. Allerdings wird das mit den Plätzchen dann zu knapp, denn der Teig muss 30 Minuten im Kühlschrank erkalten. 18:30 minus 16:30 plus 0:30 plus 0:40 Minuten Fisch macht 0:50 für das Ausstechen aller Plätzchen (können alle folgen? Wunderbar). Ich mag ja in Höchstform gewesen sein, aber eine kurze Rückbesinnung auf meine bescheidenen Backkünste entlockte einem inneren Stimmchen ein „lass ma gut sein“. Und nach dem Abendessen ist auch nich so doll. Der Gedanke von Fischgeruch im Backofen mit anschließendem Plätzchenbacken mutete nicht sehr weihnachtlich an. Vertagen wir das also auf den Folgetag, Mürbeteig ist ja verzeihend. Sagt man…
Nach dem Abendessen kam dann der große Augenblick: Die Trinkschokoladenherzspieße wurden feierlich aus dem Kühlschrank getragen, umgestülpt und bestaunt.
Sie sehen schon seeeehr lecker aus. Natürlich wollten erst mal alle eine heiße Schokolade haben. Also (Achtung: Stilbruch) Milch in die Mikrowelle und Trinkschokoladenherzspieße hinein. Umrühren, spielen, die Schlieren bewundern, schnuppern und genießen.
Selten hat mir eine Trinkschokolade so gut geschmeckt. Und wenn man’s nicht wissenschaftlich angeht und vorher Platz im Kühlschrank macht, ist es eine Sache von 10 Minuten. Ein wirklich heißer Tipp für diese kalte Jahreszeit!
Rezept-Idee: Weihnachtliche Trinkschokolade am Stiel von ANi
Verlinkt bei: Annies Adventskalender, Creadienstag
*lach* *tränenwegwisch* Sehr schöne Erläuterung, wie Euer Tochter-Papa Tag so abgelaufen ist. Das gleiche Stück könnte bei uns gespielt haben… ;-)
Habt Ihr Lust, Eure Trinkschokolade (mit sehr schönen Fotos, übrigens!) beim Sweet Treat Sunday auf meinem Blog zu verlinken?
Liebe Grüße,
Kerstin
Ich schmeiß mich weg… so herrlich ge… bzw. beschrieben!!
Liebe Grüße
Sandra
Einfach nur herrlich der Beitrag, super geschrieben! :-)
Hihi, wie witzig!
Muss ich mal meinem Mann zeigen! :-).
Weiter so!